Vorwort
Vorwort
Bronze – eine Legierung aus Kupfer und Zinn – wird seit rund 5000 Jahren zur Herstellung von Werkzeugen, Waffen, kultischen Gegenständen und Bildwerken verwendet. Bereits Ägypter, Griechen, Etrusker und Römer bewiesen beim Guss von Statuen, Reliefs und Alltagsgegenständen höchste Kunstfertigkeit. „Ich baute einen Palast und legte ihn mit Gold aus. Seine Decken und Mauern waren aus Lapislazuli…seine Türen aus Kupfer, seine Riegel aus Bronze. Sie schrecken die Ewigkeit!“ Der altägyptische König Amenemhet I. nennt Bronze in einem Atemzug mit anderen edlen Materialien, die nicht nur repräsentativ sind, sondern sich auch durch besondere Widerstandsfähigkeit auszeichnen. Ewigkeit – dieses deutsche Wort ist schon allein von seiner sprachlichen Herkunft her eng mit der Bronze verbunden. So bedeutet „ehern“, abgeleitet vom althochdeutschen „er“ für Erz, gleichzeitig „bronzen“ und „ewig während“. Entscheidet sich ein Künstler sein – meist in Wachs, Ton oder Plastellin geformtes – Modell dem technisch aufwendigen Bronzeguss zu unterziehen, bringt er seiner Erfindung bereits eine Wertschätzung entgegen. Denn das robuste Material garantiert dem Bildwerk und seiner Aussage eine Zeiten überdauernde Wirkung.
Aus diesem Anspruch heraus fiel, wenn es um Themen und Personen höchster Würde ging, schon in der Antike die Wahl auf Bronze. Man denke an die „Kapitolinische Wölfin“, die den Gründungsmythos der Stadt Rom verbildlicht, oder an die Kolossalstatuen verschiedener Kaiser. Prestigeanspruch drücken auch die Bronzetüren aus, die vom Mittelalter (z. B. Bernward-Tür in Hildesheim) bis in die frühe Neuzeit (z. B. Türen am Florentiner Baptisterium) für den Schmuck sakraler Bauwerke in Auftrag gegeben wurden. Erst in der Renaissance mit dem wachsenden Interesse an der menschlichen Figur gewann auch die Kleinplastik an Bedeutung. Bronzestatuetten all’antica bevölkerten die Kunstkabinette privater Sammler, während im Barock groß angelegte Statuengruppen die Sakral- und Repräsentationsbauten oder Brunnenanlagen dominierten. Erst das 19. Jahrhundert weitete das Themenspektrum aus: Mit dem aufkommenden Hang zum Realismus wurde auch Alltägliches in plastischer Form dargestellt. An der Wende zum 20. Jahrhundert vermischten sich dann romantisch-symbolistische Momente mit den dekorativen Bestrebungen des Jugendstils. In der plastischen Kunst der vergangenen 100 Jahre haben sich schließlich gegensätzliche künstlerische Formensprachen – vom Gegenständlichen bis zur Abstraktion – herausgebildet, die bis heute in vielfältigen Spielarten zum Ausdruck kommen.
Die Ausstellung im „Werdenfels Museum“ präsentiert eine Auswahl künstlerischen Wirkens von 1894 (Porträtrelief mit dem Kopf Michael Sachs’, Gründer der heutigen Fachschule für Schreiner und Holzbildhauer in Partenkirchen) bis in die Gegenwart. Mehr als 50 Bronzewerke von über 30 lebenden sowie bereits verstorbenen Bildhauern des Landkreises Garmisch-Partenkirchen wurden aus Museen, Werkstätten, Nachlässen oder aus Privatbesitz zusammengetragen. Die Vielfalt an bildhauerischen Ausdrucksformen – vom Relief und kleinformatigen Plastiken zu mehrfigurigen Kompositionen und Großfiguren – und verschiedenen Themen spiegelt die kreative Bandbreite mehrerer Künstlergenerationen wider. Die Ausstellung zeigt traditionelle Porträts ebenso wie Figuren, die tiefer in die Seele des Dargestellten blicken lassen, naturalistisch wiedergegebene Tierfiguren und augenzwinkernd verwandelte. Humorvoll interpretierte Alltagsszenen, Religiöses und Abstraktes stehen nebeneinander. Seinen ganz speziellen Charakter bekommt jedes Bildwerk jedoch durch die individuelle Behandlung seiner Oberfläche – je nachdem, ob die materialeigenen Bronze- und Kupfer-Töne herausgehoben oder mit edel-schwarzer oder geheimnisvoll-grüner Patina zusätzliche Akzente gesetzt wurden. Vorausgesetzt sie werden nicht irgendwann eingeschmolzen, haben alle Bronzewerke dieser Ausstellung noch eine Ewigkeit vor sich. Den Besucher des „Werdenfels Museums“ laden sie ein, ein Stück weit daran teil zu haben.
Vorwort für den Katalog zur Ausstellung „Bronzearbeiten 1894 – 2007“ (28.07.-14.10.2007) im Werdenfels Museum Garmisch-Partenkirchen (2007, Hrsg. Werdenfels Museum des Landkreises Garmisch-Partenkirchen, Vorwort: Ute Leitner)